BELARUS NEWS AND ANALYSIS

DATE:

31/05/2006

Belarus: Neue Repressionen

Diskreditierung der Republik Belarus steht unter Strafe

Gro?ansicht des Bildes mit der Bildunterschrift: Diskreditierung der Republik Belarus steht unter Strafe

Sergej Ljaschkewitsch von der Belarussischen Volksfront muss ins Gefangnis, der Meinungsforscher Oleg Manajew immer wieder zur Staatsanwaltschaft. Das Belarussische Helsinki-Komitee befurchtet die Schlie?ung.

In Belarus ist das Mitglied der oppositionellen Belarussischen Volksfront, Sergej Ljaschkewitsch, zu funf Monaten Gefangnis verurteilt worden. Bei der Urteilsverkundung berief sich das Gericht auf die Aussage des Zeugen Aleksandr Burdeja. Dieser hatte der Miliz gemeldet, Ljaschkewitsch habe ihn auf Terroranschlage wahrend der Massenproteste vorbereiten wollen, die von der Opposition am 2. und 19. Marz in Minsk hatten verubt werden sollen. Als Beweis diente dem Gericht eine von Burdeja angeblich heimlich erstellte Aufnahme eines Gesprachs mit dem Angeklagten uber die moglichen Protestaktionen. Wahrend der ersten Gerichtsverhandlung sagte der Richter allerdings, die Qualitat der Aufnahme sei schlecht, deswegen verlese das Gericht deren Wortlaut. In dem Gerichtsurteil hei?t es, die Tatsache, dass an dem angegeben Zeitpunkt keine Massenproteste stattgefunden hatten, entlaste den Angeklagten nicht.

"Alle Vorwurfe gegen Ljaschkewitsch basieren auf Verleumdungen und Vermutungen", sagte der Leiter des Verbandes der Belarussischen Volksfront im Gebiet Grodno, Sergej Maltschik. Er ist vor allem deswegen emport, weil Ljaschkewitsch daruber hinaus die Mitgliedschaft in einer Oppositionsbewegung, in der zugelassenen Partei Belarussische Volksfront, zur Last gelegt wurde. Der Staatsanwalt forderte die Teilnehmer des Prozesses auf, keine politischen Motive auszuschlachten. Ljaschkewitschs Mutter Irina ist aber uberzeugt, dass die Miliz, das Gericht und die Staatsanwalt einen politischen Auftrag erfullt haben. Sie sagte: "Uber das Schicksal der Menschen in Belarus entscheidet nur ein Mann, deswegen ist es sinnlos, in Berufung zu gehen."

Unerwunschte Meinungsumfragen

Vor mehr als zwei Jahren haben die Minsker Behorden das von Oleg Manajew geleitete unabhangige Forschungsinstitut fur soziale, wirtschaftliche und politische Studien geschlossen. Manajew wird aber nach wie vor von der Staatsanwaltschaft vorgeladen. Er sagte der Deutschen Welle: "Wir sprachen uber unsere Arbeit, uber die Meinungsumfragen. Konkret wurde mir als Grund fur die Vorladung ein Ausdruck der Internetseite Belarussischer Partisan vorgelegt, auf der die Ergebnisse unserer Untersuchungen veroffentlicht wurden, die wir zuvor in der britischen Botschaft prasentiert hatten. Begleitet wurde ich von der Anwaltin Wera Stremkowskaja. Wir wurden gefragt, warum wir unsere Arbeit fortsetzen, obwohl wir eine nicht zugelassene Organisationen sind." Manajew berichtete, die Staatsanwaltschaft stelle in Frage, ob die Forschungsergebnisse echt seien. Dies kann nach Ansicht der Anwaltin auf die im Strafgesetzbuch vorgesehene "Diskreditierung der Republik Belarus" hinauslaufen.

Manajew erlauterte den Grund fur das Vorgehen der Staatsmacht: "Irgendjemand innerhalb der Staatsmacht des Landes ist verargert, dass irgendjemand auf eigene Initiative, ohne Absprache und Genehmigung soziologische Studien erstellt, darunter auch Meinungsumfragen, und dadurch ein reales Bild bekommt, was die Menschen denken, und dieses im Lande veroffentlicht." Manajew sagte, gerade dies argere die Staatsmacht, nicht die veroffentlichten Zahlen: "Manchmal weichen unsere Zahlen stark von den offiziellen ab und stimmen eher mit denen der Opposition uberein. Aber manchmal ist es umgekehrt und sie stimmen eher mit denen der Staatsmacht uberein, und nicht mit denen der Opposition, was der Staatsmacht gefallen musste."

Menschenrechtler unter Druck

Das belarussische Justizministerium klagt vor dem Obersten Gericht gegen das Helsinki-Komitee des Landes und fordert, die Tatigkeit der Menschenrechtsorganisation fur zwei Monate zu stoppen, da es seit langem gegen die belarussischen Gesetze versto?e. In der Klage hei?t es, wahrend der Parlamentswahlen 2004 habe das Belarussische Helsinki-Komitee Personen als Wahlbeobachter eingesetzt, die nicht dessen Mitglieder gewesen seien. Au?erdem seien Strukturen des Komitees in Wohnhausern untergebracht worden. Im Gesprach mit der Deutschen Welle wies die Vorsitzende des Helsinki-Komitees Tatjana Protko alle Vorwurfe zuruck. Die Wahlbeobachter des Helsinki-Komitees seien alle offiziell registriert gewesen und vor dem Inkrafttreten des Verbots, juristische Personen in einem Wohnhaus anzumelden, sei das Helsinki-Komitee gezwungen gewesen, praktisch alle seine regionalen Strukturen aufzulosen. Zum Vorwurf der Behorden, das Helsinki-Komitee habe die technische Hilfe, die es im Rahmen eines TACIS-Programms erhalten habe, nicht versteuert, sagte Protko: "Im Abkommen uber Zusammenarbeit zwischen TACIS und der belarussischen Regierung hei?t es, dass solche Hilfen von der Steuer befreit werden."

Welche Folgen eine Schlie?ung des Helsinki-Komitees haben wurde, erlautert dessen Vorsitzende: "Wenn das Gericht der Klage des Justizministeriums statt gibt, wird dies die Schlie?ung der gro?ten und einzigen noch existierenden landesweiten Menschenrechtsorganisation bedeuten." Derzeit hat das Komitee etwa 500 Mitglieder. Jahrlich gehen bei den Menschenrechtlern fast 2.000 Burgerbeschwerden gegen Beamte ein.

L. Nowikowa, W. Dorochow, S. Pantschenko

DW-RADIO/Russisch, 30.5.2006, Fokus Ost-Sudost

Source:

http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,2037575,00.html

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